Exkursion des Grundkurses Geschichte zu einem Archivworkshop im Jüdischen Museum

Im Juni 2014 konnte einer unserer Geschichtsgrundkurse (Q2) einen besonderen Workshop im Jüdischen Museum miterleben:

Eigentlich hatten wir eine Führung passend zum Kursthema (Revolution 1848) gebucht, aber dann haben wir kurzfristig das Angebot bekommen, stattdessen an einem Archivworkshop mit Zeitzeugeninterview teilzunehmen. Das hatte zwar nichts mit dem Kursthema zu tun, aber alle waren sich einig, dass sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten.

So fanden wir uns am 12. Juni im Archiv des Jüdischen Museums Berlin ein. Im ersten Teil des Workshops haben sich die Schüler in Gruppen mit jeweils einem Archivmitarbeiter anhand von Originaldokumenten mit vier verschiedenen Themen beschäftigt, die auch im Zeitzeugengespräch eine Rolle spielen sollten: Jüdische Schüler im Nationalsozialismus, Novemberpogrom 1938, Kindertransporte und die St. Louis – ein Schiff mit jüdischen Flüchtlingen, das keine Einreiseerlaubnis in die USA erhielt und vor der Küste New Yorks wieder in Richtung Europa umdrehen musste, so dass viele der sich bereits in Sicherheit wähnenden Menschen doch noch umkamen.

Die Schüler haben die Dokumente mit Hilfe der Archivmitarbeiter erschlossen. Es war eindrucksvoll, solche Dokumente selbst in die Hand zu nehmen, sie zu entschlüsseln und zu entdecken, wie viel sie über die Geschichte ihrer Besitzer verraten. Anschließend haben sich die Schüler ihre Ergebnisse gegenseitig vorgestellt.

Höhepunkt war aber das Gespräch mit Herta Weinstein. Sie wurde 1927 in Wien geboren, musste, 1938 nach der Annektierung Österreichs auf eine jüdische Schule wechseln und wurde 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt. Ihre Eltern waren auf der St. Louis, doch sie hatten Glück und kamen hinterher nach England, wo sie ihre Tochter wieder trafen.

Kursschüler mit der Zeitzeugin Herta Weinstein im Jüdischen Museum Berlin

Etwas später emigrierte die ganze Familie in die USA. Frau Weinstein hat uns von ihren Erlebnissen erzählt, aus Briefen, die sie damals geschrieben hat, vorgelesen und sehr viele Fragen der Schüler beantwortet. Anschließend hat sie uns noch einige der Dokumente gezeigt, die sie selbst dem Museum überlassen hat. Es war für uns alle sehr eindrucksvoll, Frau Weinstein zu erleben und ihr zuzuhören. Die Schüler waren sehr beeindruckt, wie lebensfroh Frau Weinstein war, obwohl sie als Kind so viel Schweres erlebt hat. Das liegt wohl auch daran, dass sie sich auch an die schönen Momente in der schlimmen Zeit erinnert, z.B. an ein Erlebnis während des Kindertransportes: Als der Zug mit den allein in die Fremde geschickten Kindern durch Holland fuhr, haben Frauen den Kindern Orangen durchs Zugfenster gereicht.

„Man kann sich alles viel besser vorstellen und kommt der Geschichte viel näher, wenn man es erzählt bekommt, als wenn man über die Ereignisse im Schulbuch liest.“, fanden unsere Schüler.